Eine riesige goldfarbene Scheibe dominiert den Andachtsraum der Palliativstation des Krankenhauses St. Josef. Es ist ein Sonnengong, und die Besucher sind fasziniert, als Petra Eisend ihn ein erstes Mal anschlägt: Es entwickelt sich ein zunächst sanftes und dumpfes Grollen, dann jedoch ein anschwellender, donnergleicher und lang anhaltender Klang. Noch zweimal wiederholt dies die Künstlerin, mit zunehmender Intensität, und unwillkürlich muss man an ein Naturereignis denken, irgendetwas, das aus dem Nichts auftaucht, immer präsenter wird und nicht zu stoppen ist.
Hier in der Palliativstation hat sich Eisend im vergangenen Jahr von ihrer Mutter verabschieden müssen. Ihren ganz persönlichen „Dank für die wunderbare Arbeit des Teams dieser Station“ drückt sie nun mit einem Klangabend aus, dessen Spendenerlös dieser Arbeit zugutekommen soll.
Die Stunde „Auf den Flügelschwingen des Klangs“ spiegelt in einem großen Bogen unterschiedlichste Emotionen und Erfahrungen aus dem Abschiedsprozess. Petra Eisend greift zur Handpan, lässt einzelne Töne tropfen, sich verdichten, kleine Wirbel entstehen, ein Rhythmus, eine Melodie werden identifizierbar.
Meditatives gleitet in Trance hinüber, man spürt eine emotionale Berg- und Talfahrt. Und dann streicht Eisend mit Schlägeln über den Sonnengong: Dieser beginnt zu wimmern, zu heulen, schmerzliche Qual wird hörbar. Kraft gleitet durch den Raum, verschwindet wieder. Sphärisch wirkt das, plötzlich wispern unendlich viele Stimmen aus dem Nichts.
Eisend tritt mit ihnen in einen Dialog, indem sie den archaisch wirkenden Obatala-Gesang anstimmt, der von der Schöpfergottheit der afrokubanischen Religion Santeria kündet. Einer Beschwörung gleich ist dieser Anruf, die Präsenz von etwas Unausweichlichem, nicht Fassbarem greift sich Raum, wird intensiv und körperlich spürbar. Und dann der stimmige Schlusspunkt: Die Töne der Handpan versickern allmählich, verstummen schließlich gänzlich. Mit diesem letzten kleinen Stück hat die Künstlerin die sichtlich im Geschehen gefangenen Zuhörer zurückgeleitet; es gibt starken und lang anhaltenden Beifall.
Quelle: mit herzlichen Dank an Mainpost.de